Inklusionsklassen in Deutschland und deren Praxistauglichkeit

Posted on June 3, 2016 in Inklusion by

Die Inklusion von Kindern mit Behinderung an deutschen Schulen ist ein großes Thema, an welchem es jedoch noch viel zu arbeiten und viel zu tun gibt – denn bislang ist die erfolgreiche Inklusion von Kindern mit Behinderung an Schulen in Deutschland eine Wunschvorstellung, welche nur durch viel Arbeit und Organisation gelingen kann.

Warum scheitert die Inklusion bisher?

Theoretisch ist die Inklusion von Kindern mit Behinderung eine sehr gute, wichtige und vor allem fundamentale Sache, welche bislang jedoch an ihrer Umsetzung scheitert. Grund für das Scheitern dieser theoretisch guten Idee ist die Tatsache, dass die notwendigen Ressourcen, wie fachgerechtes Material für den Unterricht, die passenden Räumlichkeiten, welche auf die Kinder mit Behinderung ausgerichtet sind, und vor allem das Personal fehlen.

Das Menschenrecht Inklusion

Kinder mit Behinderung als „anders“ zu sehen, ist nicht richtig und darf nicht der Fall sein! Deswegen ist die Inklusion, vor allem von Kindern mit Behinderung in deutsche Schulen, ein wichtiges Thema und vor allem ein Menschenrecht.

Durch die Einbeziehung von Menschen mit Behinderung wird die Bildung revolutioniert und das muss sie auch, wie es die Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung beschlossen hat. Demnach ist Deutschland seit dem Jahr 2009 dazu verpflichtet, die Inklusion nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch anzugehen und die Pläne in die Tat umzusetzen.

Im Klartext bedeutet das, dass Kinder ohne Behinderung und Kinder mit Behinderung in Kontakt kommen und zusammen lernen, und Kinder mit Behinderung nicht auf eine Sonderschule gehen müssen. Natürlich besteht für die Kinder mit Behinderung dafür keine Pflicht, weshalb auch die Sonderschulen keines Falls abgeschafft werden sollen, damit alle Eltern für ihre Kinder mit Behinderung frei entscheiden können.

Pro und contra

Es gibt, wie für nahezu alle Themen, auch bei dem Thema Inklusion an deutschen Schulen eine Seite der Befürworter und eine Seite der Gegner. Was diese beiden Seiten jeweils wollen und welche Ansichten sie vertreten, wird hier veranschaulicht.

Beide Seiten sind jeweils sehr radikal in ihren Ansichten und fordern in der Regel ein Extrem. Die Befürworter der Inklusion fordern eine Schule für alle und möchten weder Sonderschulen, welche laut Ansicht der Befürworter eine Menschenrechtsverletzung darstellen, noch Gymnasien.
Davon versprechen sich sie Befürworter eine Wiederherstellung der Chancengleichheit.

Die Gegner hingegen sehen es als falsch an, die Sonderschulen abzuschaffen, da die Inklusion und das damit gemeinsame Lernen von Kindern mit und Kindern ohne Behinderung spätestens nach der Grundschule nicht mehr funktionieren würde. Grund dafür seien, unter anderem, geistige Behinderungen. Zwar finden auch die Gegner, dass Kinder mit Behinderung durchaus ein Recht auf Bildung haben, berufen sich bei ihrer Argumentation jedoch auf den Wortlaut der UN Konvention, welche nichts von einer Schule für alle sagt.

Die Inklusion an den Schulen

Im Rahmen des Inklusionsgesetz, werden in Schulen gemischte Klassen gebildet. Ziel dieser Maßnahme ist im Sinne der Integration, dass Menschen mit Behinderung durch Autodidaktik Fertigkeiten der Kinder ohne Einschränkungen übernehmen. Heutzutage steht aber die integrative Pädagogik im Mittelpunkt, welche den scheinbar benachteiligten Kindern aktiv durch das Miteinander Kenntnisse vermitteln sollen. Das gemeinsame Lernen soll für beide Seiten normal sein oder werden und Grenzen niederstrecken. Einen Beitrag hierzu leisten sogenannte Schulbegleiter. Schüler die wegen Behinderung einhergehend mit Entwicklungsbeeinträchtigung besondere Unterstützung benötigen, können während der Schulzeit eine Begleitung bekommen. Diese ist dann an die Person gebunden und hilft dieser im Alltag.

Fakten zu den Inklusionsklassen

Um die Kapazitäten der Klassen nicht überzustrapazieren, werden Kinder mit Förderbedarf in vielen Schulen doppelt gezählt. Auf diese Weise bleiben Klassen überschaubar und die Kinder haben mehr Möglichkeiten der Zuwendung durch den Lehrer. Die Vorgehensweise unterscheidet sich allerdings von Land zu Land und die oftmals gewünschten Obergrenzen gibt es offiziell nicht. In der Praxis stellte sich heraus, dass meist 4 bis 6 Kinder mit Behinderung in einer Klasse mit gesunden sind. Das Schulministerium meint, dass zwischen Schülern allgemein Unterschiede bestehen. Ob gesund oder nicht! Selbst gesunde im gleichen Altern unterscheiden sich oftmals sehr stark im Leistungsniveau, was bei den jungen Menschen mit einer Behinderung praktisch genauso ist.

Erfahrungen mit Inklusionsklassen

Selbstverständlich braucht “Gut Ding Weile” und der Fortschritt von der normalen Klasse zur Inklusionsklasse ist für die jungen Menschen selbst gewöhnungsbedürftig. Das Land Bremen verwirklichte 2009 als Vorreiter die Inhalte der UN-Behindertenrechtskonvention von 2006. Diese beinhaltet das gesunde, begabte, ruhige und verhaltensauffällige Kinder und Kinder mit einer Behinderung oder Entwicklungsverzögerung zusammen in eine Klasse gehen. Es gibt wie überall gute und schlechte Erfahrungen mit den Veränderungen. Die einen Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit als die anderen. Das kann an vielen Dingen liegen. Inklusionsklasse heißt, dass beispielsweise ein Autist und ein Kind mit Hörbehinderung in der Klasse sind. Gerade Verhaltensauffällige Kinder bringen Lehrer immer wieder an ihre Grenze, auch wenn sie keine Behinderung haben. Die Erlebnisse sind je nach Schule vielschichtig und können pauschal weder als besonders gut noch als total schlecht dargestellt werden.

Die Lehrer brauchen mehr Unterstützung

In einer Klasse, welche sowohl aus Kindern mit Behinderung und Kindern ohne Behinderung besteht, stehen die Lehrer vor einer Herausforderung, welche alleine nicht zu bewerkstelligen ist. Deshalb müssen in deutschen Schulen und sogenannten Inklusionsklassen mindestens zwei Lehrkräfte anwesend sein, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eingehen zu können. Einige Schulen behelfen sich besser als andere und ermöglichen beispielsweise zwei Lehrer in einer Klasse. Diese Taktik erfährt positives Feedback der Schüler und erleichtern den gesamten Ablauf der Stunde. Da die Länder die Gestaltung jeweils autark unternehmen, kann man nur hoffen das der eine sich vom anderen die guten Dinge anschaut. Hier ist spicken erlaubt! Der Erfolg einer Inklusionsklasse hängt nicht nur an bestimmten Lehrern. Lehrer sind der verlängerte Arm vom Ministerium und können nur im Rahmen ihrer Möglichkeiten agieren. Wesentlich verantwortlich ist auch die Schule bzw. die Landesregierung. Je besser die Kommunikation zwischen Direktor und Lehrern funktioniert, desto besser sind die allgemeinen Erfolgschancen jeder Klasse. Manchmal braucht es auch maßgeschneiderte Lösungswege und flachere Hierarchien um Probleme im Schulalltag anzugehen. Viele Lehrer sprechen in den Medien davon alleine gelassen zu werden. Eine traurige Resonanz der wichtigsten Personen im Umfeld unserer Kinder.

Worin muss investiert werden?

Um die Lehrer bei ihrer anspruchsvollen Aufgabe zu unterstützen, müssen ausreichend Schulhelfer anwesend sein. Genau hier liegt oft das Problem – es wird zu wenig in zusätzliche Fachkräfte investiert. Um die Inklusion an deutschen Schulen verwirklichen zu können, müsste in die Ausbildung und die Weiterbildung von Lehrern sowie in die notwendigen räumlichen Einrichtungen und die Ausarbeitung neuer Konzepte für die Gestaltung des Unterrichts investiert werden. Des Weiteren müssen die zukünftigen Lehrkräfte bereits an der Universität, während des Studiums, für die Inklusion ausgebildet werden und mit dieser in Kontakt treten.

 

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